Die Freiwillige Feuerwehr von Maria Enzersdorf
Ein Historischer Überblick aus der Festschrift 1992
Als am 1. Juni 1870 die NÖ Feuerpolizeiordnung als Gesetz erlassen wurde, war die rechtliche Grundlage für das freiwillige Feuerwehrwesen in Niederösterreich geschaffen. Schon zwei Jahre später wurde in Maria Enzersdorf mit Beschluss des Gemeinderates vom 3. April 1872 die Errichtung einer freiwilligen Feuerwehr genehmigt. Die Gründung der Wehr erfolgte am 14. April 1872 in einer Stärke von 26 Mann unter Vorsitz des Gemeinderates Lazarus Maller, der auch mit absoluter Stimmenmehrheit zum ersten Kommandanten gewählt wurde. Sie war die fünfte Wehr im Bezirk. Durch die Bildung einer Schutzrotte im November 1872 stieg die Mitgliederzahl auf 37 an. Im selben Jahr wurde auch der Mödlinger Bezirksfeuerwehrverband gegründet. Bei der konstituierenden Versammlung im Dezember 1872 nahmen auch Feuerwehrmänner unserer Wehr teil. Die „Nichtuntersagung“ des Feuerwehrvereins Maria Enzersdorf durch die k.k. Statthalterei erfolgte erst im Jahre 1877, die 1874 aufgestellten Statuten wurden am 10. April 1877 sanktioniert.
In den Jahren nach der Gründung ließ die anfängliche Begeisterung allmählich nach. Die Anzahl der Mitglieder ging zurück, das Ansehen im Ort sank und so fehlte auch die notwendige finanzielle Unterstützung durch die Öffentlichkeit. Da die Wehr über keine fixen Einnahmen verfügte, war sie auf Subventionen der Gemeinde und Spenden der Bevölkerung angewiesen. 1875 war ein Tiefpunkt erreicht, die Vereinskassa war leer. Erst ab 1887 setzte eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung ein. Kameradschaftsgeist und Disziplin zeichnete die Mannschaft wieder aus. Die in großen Zügen vorgenommene Reformierung führte 1890 zur Herausgabe einer Feuerlöschordnung und zur Genehmigung der abgeänderten Statuten. 1890 war es endlich so weit, dass die Wehr in eine eigene Remise in der Mariazellergasse übersiedeln konnte.
Vereinslokal war bis 1889 das Gemeindegasthaus „Zum Schottenhof“. Nach dem Tod des „Kneipvaters“ übersiedelte die Wehr in Johann Hegers Gasthof „Zum Schwarzen Adler“. Dort wurde auch 1889 der 16. ordentliche Feuerwehrtag des Bezirksverbandes Mödling abgehalten. Gemeinsam mit den FF Mödling und Brunn fand zu diesem Anlass eine Schauübung beim Hunyadischloß statt. Am Festumzug beteiligten sich 21 Wehren. Das abendliche Tanzkränzchen, an dem zahlreiche Feuerwehrmänner, Ortsbewohner und Sommergäste teilnahmen, wurde durch einen Brand in einer Glasfabrik in Brunn jäh unterbrochen.
In den seit 1887 veröffentlichen Jahres- bzw. Rechenschaftsberichten wurde immer wieder auf eine besonders gute Zusammenarbeit mit „der löblichen Gemeindevertretung“ hingewiesen. Auch die Spenden aus der Bevölkerung brachten erhebliche Einnahmen, wie aus den Verzeichnissen über die Jahressammlungen ersichtlich ist. Zu den besonderen Gönnern zählten Fürst Johann II. von und zu Liechtenstein und mehrere ortsansässige Familien, wie Riemerschmid und Tirka-Peyfuß. Der Wehr war es dadurch möglich, zahlreiche größere Anschaffungen zu tätigen, Schläuche, Monturen und Ausrüstungsgegenstände anzukaufen und Reparaturen durchführen zu lassen. Im Jahre 1892 – zum 20-jährigen Bestandsfest – war bereits ein beachtliches Inventar vorhanden.
1906 erwarb die FF Maria Enzersdorf die erste Benzinmotorspritze in Niederösterreich.
Die Geräte mussten alle mit Pferden bespannt werden. Die Abhängigkeit der Wehr von den Pferdebesitzern war sehr groß und beeinträchtigte teilweise auch die Einsatzbereitschaft, wenn keine Pferde greifbar waren. Die Bespannung der Fahrzeuge wurde den Fuhrwerksbesitzern vergütet, sodass dadurch der Wehr erhebliche Kosten erwuchsen.
Um die Sicherheit bei auswärtiger Hilfeleistung auch im Ort zu garantieren, wurde 1892 ein zweiter Zug – eine Ortsabteilung – gegründet. Zur Koordinierung beider Mannschaften und zur Wahrung sämtlicher Vereinsinteressen wurde ein Obmann bestellt. Unter dem Kommandanten Hermann Riemerschmid gab es ab 1896 drei Züge, die aber 1898 wieder zu zwei Mannschaften zusammengezogen wurden.
Erstmalig wurde 1896 eine Sanitätsabteilung von 6 Mann geführt, welche ab 1. Jänner 1900 unter der medizinischen Leitung von Dr. Julius Mehes stand. Die Errichtung eines Sanitätsdienstes in der Wehr war schon 1889 beschlossen und die hiezu nötigen Anschaffungen genehmigt worden. Ab dem Jahre 1909 befand sich eine neu errichtete Sanitätsstation bei Ferdinand Maller, Hauptstraße 24.
Der durchschnittliche Mitgliederstand betrug bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges über 30 Mann. Nach einer berufsständischen Statistik aus dem Jahre 1902 waren von 36 Feuerwehrmännern 15 Bauern, 7 Gewerbetreibende, 6 gewerbliche Gehilfen, 6 Fabrikarbeiter, 1 Lehrer und 1 Sonstiger. Ab 1905 gab es eine eigene Schutzrottenmannschaft, 20 bis 30 Mann stark. Diese bestand meist aus älteren Mitgliedern, deren Aufgabe es war, die geretteten Gegenstände zu verwahren, Plünderer und Schaulustige zu vertreiben und dadurch der Feuerwehr eine ungehinderte Arbeit zu ermöglichen.
Die am 24. November 1905 von Kaiser Franz Josef I. gestiftete Ehrenmedaille für 25-jährige Tätigkeit auf dem Gebiete des Feuerwehr- und Rettungswesens wurde 1906 im Rahmen einer Festveranstaltung an vier Mitglieder der FF Maria Enzersdorf durch den Bezirkshauptmann verliehen. Bis zu ihrer Abschaffung am 24. Dezember 1918 wurden 1909 drei und 1913 sechs Männer mit dieser Medaille ausgezeichnet. An ihre Stelle trat 1922 das durch Bundesgesetz geschaffene Ehrenzeichen für 25- bzw. 40-jährige Tätigkeit, das im Laufe der Jahre an zahlreiche Mitglieder der Wehr von Maria Enzersdorf verliehen wurde.
Seit einem Großbrand in Bad Ischl im Jahre 1865 ließ das Kaiserhaus den Feuerwehren eine besondere Förderung zukommen. Kaiser Franz Josef I., oberster Schutzherr aller Feuerwehren, ist auch in der Liste der Wohltäter unserer Wehr zu finden. 1897 spendete er zum 25-jährigen Bestandsjubiläum einen Betrag von 60 Gulden, 1906 abermals eine Summe von 100 Kronen. Aber auch die Feuerwehren ehrten das Kaiserhaus. Ausrückungen zu Geburts- und Namenstagen des Kaisers und die Teilnahme an Huldigungsfeierlichkeiten waren eine Selbstverständlichkeit.
Neben Subventionen, Spenden und Beiträgen freiwilliger Mitglieder hatte die Wehr noch andere zusätzliche Einnahmequellen. 1891 gab es den ersten Feuerwehrball, eine bis heute beliebte und gern besuchte Veranstaltung. Dieser erste Ball brachte einen Reingewinn von 74 Gulden und 94 Kreuzern. Ab 1910 wurden für einige Jahre Tombolas veranstaltet, die mit Einwilligung des Fürsten am Liechtenstein stattfanden. Zugunsten der Wehr wurden 1912 eine Wohltätigkeitsveranstaltung im Raimundtheater und 1913 zwei Kinovorstellungen veranstaltet.
Im 1. Weltkrieg mussten viele Mitglieder einrücken; 1915 waren es bereits 18 Mann. Zur Auffüllung des Mannschaftsstandes wurde im August 1915 beschlossen, Jungmänner von 16 und 17 Jahren zur Bildung einer Jugendwehr heranzuziehen.
Trotz der schlechten wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in den Nachkriegsjahren gelang es der FF Maria Enzersdorf, wieder eine leistungsstarke Mannschaft aufzubauen. Die Motorisierung begann für unsere Wehr im Jahre 1923 mit dem Ankauf einer Autospritze. Sie war neben der FF Mödling die zweite Wehr im Bezirk, die über ein solches Gerät verfügte. In den folgenden Jahren konnten noch zwei weitere Löschgeräte angeschafft werden. Nach und nach wurden die mit Pferden zu bespannenden Geräte abgestoßen.
Die zunehmende Technisierung verlangte umfassende Kenntnisse der Feuerwehrmänner und eine sachgemäße Wartung der in Verwendung stehenden Geräte. Mit der Eröffnung der Feuerwehrschule in Wr. Neustadt im Jahre 1933 war für eine fachlich fundierte Ausbildung gesorgt. 1936 wurde die einheitliche vom NÖ Landesverband vorgeschriebene Uniform eingeführt.
Mit der Herstellung eines 120 000 1 fassenden Teiches in der Johannesstraße, dem so genannten „Wallnerteich“, schuf die Gemeinde im Jahr 1930 ein Löschwasserreservoir im oberen Teil des Ortes. Schon 1891 war auf die Dringlichkeit einer solchen Anlage hingewiesen worden, die vor allem bei akutem Wassermangel für Maria Enzersdorf dringend notwendig war.
In der Zwischenkriegszeit schwankte die Zahl der ausübenden Mitglieder zwischen 35 und 40; Schutzrottenmänner gab es durchschnittlich 15 bis 20. 1922 wurde eine Musikkapelle gegründet, die sich aber schon 1930 der FF Mödling angliederte.
Wie vor dem Krieg konnte das Feuerwehrbudget durch verschiedene Veranstaltungen aufgebessert werden. Der schon zur Tradition gewordene Feuerwehrball mit Juxbazar und Likörstube wurde alljährlich in den verschiedenen Gasthäusern des Ortes abgehalten. Blumentage, Lotterien und Tombolas mit fantastischen Preisen, wie Schlafzimmereinrichtung, Küche, Nähmaschine oder Herrenfahrrad, wurden veranstaltet und meistens mit einem anschließenden Wiesenfest beendet. Doch die zunehmende Wirtschaftskrise machte sich auch bei der FF Maria Enzersdorf bemerkbar. 1931 war kein Bargeld in der Kasse; es gab nur offene Rechnungen. Daher konnten auch keinerlei Neuanschaffungen mehr getätigt und Reparaturen nur mit äußerster Sparsamkeit durchgeführt werden. Die Teilnahme an einem Gasschutzkurs war nicht möglich, da sie an den Ankauf von Gasmasken gebunden war. Etliche Mitglieder der Wehr waren von der Arbeitslosigkeit betroffen.
In politischer Hinsicht versuchten die Feuerwehren sich so weit wie möglich aus den Ereignissen herauszuhalten. In den Unruhetagen des Februar 1934 hielten Feuerwehrmänner Tag und Nacht Bereitschaft im Gerätehaus. Bei einem Brand in Wr. Neudorf am 12. Februar 1934, zu dem auch die FF Maria Enzersdorf ausrückte, wurden die Wehren vom Schutzbund unter Beschuss genommen. 1935 empfahl der Landesfeuerverband die korporative Ausrückung nur bei allgemeinen Kundgebungen und Veranstaltungen der Vaterländischen Front. Im Sommer 1935 nahm die FF Maria Enzersdorf über Einladung der Vaterländischen Front bei der Einweihung der Dollfußkirche auf der Hohen Wand teil.
Der Bezirk Mödling wurde 1938 dem Reichsgau Groß-Wien einverleibt. Insgesamt verloren 97 Randgemeinden ihre Eigenständigkeit. Die FF Maria Enzersdorf wurde, wie alle anderen Wehren der Randgemeinden, der Berufsfeuerwehr Wien, ab Oktober 1939 der Feuerschutzpolizei unterstellt. Da im Laufe des Krieges immer mehr Feuerwehrmänner zur deutschen Wehrmacht einberufen wurden, übernahmen ältere Mitglieder teils freiwillig, teils notdienstverpflichtet, den lokalen Feuerschutz. Der Mitgliederstand in Maria Enzersdorf wuchs zwar auf 54 Mann an, jedoch waren 22 davon im Militärdienst. Fünf Männer der Wehr fielen im Krieg, zwei kehrten kriegsversehrt zurück.
Trotz Eingemeindung war die FF Maria Enzersdorf bis 1945 gut ausgerüstet. In den letzten Kriegstagen wurden fast alle Geräte entweder nach Westen Richtung Oberösterreich abgezogen oder verschleppt. Dem energischen Auftreten von Frau Henriette Auerbach gegenüber den jeweiligen Machthabern ist es zu verdanken, dass wenigstens einige Geräte erhalten blieben. Um die spärlich vorhandenen Löschgeräte zum Brandplatz zu bringen, musste auf Karren zurückgegriffen werden. Obwohl die Feuerwehren der Randgemeinden durch ihre Zugehörigkeit zu Wien in ihrer Entwicklung besonders stark gehemmt worden waren, wurde in Maria Enzersdorf schon in den ersten Nachkriegsjahren unter Kommandant Hans Stadtherr mit dem erfolgreichen Wiederaufbau begonnen. Aus Kriegsbeständen konnten zwei Fahrzeuge erworben und für Feuerwehrzwecke umgebaut werden. 1954 verfügte die Wehr über drei automatische Löschgeräte. Dank der spendefreudigen Ortsbewohner konnte auch die restlos verloren gegangene Mannschaftsausrüstung neu angeschafft werden. 1954 erhielten die Randgemeinden ihre kommunale Selbständigkeit, die Feuerwehren ihren Vereinsstatus zurück. Die Übergabe der Requisiten an die FF Maria Enzersdorf durch die Gemeinde Wien erfolgte am 7. September 1954.
Schon im Laufe der 50er Jahre hatten sich die Anforderungen an die Feuerwehren grundlegend geändert. Ein Großteil der Feuerwehreinsätze waren bereits technische Hilfeleistungen. Die Ausrüstung unserer Wehr wurde in den folgenden Jahrzehnten laufend erweitert und den neuen technischen Bedürfnissen angepasst. Ausbildungslehrgänge finden seit 1950 in der Landes-Feuerwehrschule Tulln statt.
Die FF Maria Enzersdorf stand bei etlichen Unwetterkatastrophen im Land und im Bezirk im Einsatz. Dankschreiben der NÖ Landesregierung ergingen für den Hochwassereinsatz im Juli 1954 und für die Katastrophenhilfe im Mai 1962.
Der Höhepunkt in der Nachkriegsgeschichte der FF Maria Enzersdorf, seit 1970 eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, war ohne Zweifel die Erbauung eines modernen Feuerwehrhauses, das 1984 der Wehr übergeben werden konnte. Die Veranstaltungen, wie die wöchentlichen Mannschaftsbesprechungen, Schulungen und Übungen, können nun im eigenen Haus abgehalten werden.
Die Alarmierung, die jahrzehntelang von Henriette Auerbach – Ehrenmitglied der FF und Mutter unseres langjährigen Kommandanten Karl Auerbach – bei Tag und Nacht besorgt wurde, erfolgt seit 1974 über ein eigenes Funksystem. Im Jahre 1988 wurde die gesamte Funksteuerung durch einen Blitzschlag zerstört. Es wurde eine neue Anlage, Marke AUTOPHON, angeschafft, die 1990 komplettiert wurde.
Zusätzliche Einnahmen brachten nach wie vor Haussammlungen, die 1967 erstmals auch auf die Südstadt ausgedehnt wurden. Seit einigen Jahren werden Erlagscheine an alle Haushalte gesandt. Der alljährliche Feuerwehrball findet jetzt im Hunyadischloß statt.
Seit den späten 70er-Jahren wird von unserer Wehr am 1. Mai der Florianitag in Maria Enzersdorf abgehalten. Früher fand er auf Bezirksebene statt. Die Aktivitäten beginnen bereits am Vorabend mit dem Maibaumaufstellen, wechselweise vor dem Hunyadischloß oder in der Südstadt. Nach der Florianimesse lädt die Wehr zu einem anschließenden Frühschoppen. Als besondere Attraktion gibt es Rundfahrten mit Einsatzfahrzeugen und Zielspritzen für Kinder. Floriani-Schwerpunkte sind vorbeugender Brandschutz im Haushalt und Überprüfung von Handfeuerlöschern. Bei der Florianimesse wird die alte Feuerwehrfahne verwendet. Sie wurde 1885 gemeinsam mit der Weinhauerfahne durch Spenden angekauft.
Lag die Mitgliederzahl bis 1971 unter 20, so kann ab diesem Zeitpunkt ein stetiges Anwachsen der Mannschaft verzeichnet werden. Ab 1985 betrug die durchschnittliche Anzahl zwischen 50 und 55 Aktiven und 3 bis 5 Reservisten. 1978 wurde eine Jugendgruppe ins Leben gerufen. Seither verstärken 9 bis 14 Jungfeuerwehrmänner die Mannschaft. Der Stand vom April 1992 betrug 70 Mitglieder: 59 Aktive, 2 Reservisten und 9 Jugendliche.
Die Geschichte unserer Wehr im Laufe von 120 Jahren dokumentiert, dass die FF Maria Enzersdorf immer bemüht war, mit den vielfältigen Neuerungen auf dem technischen Sektor Schritt zu halten. Es war ihr aber auch ein Anliegen, eine kameradschaftliche und funktionierende Mannschaft zu stellen, denn nur dann ist die notwendige Basis und Garantie für eine erfolgreiche Hilfeleistung zum Schutz der Bevölkerung gegeben.